Wie man Dankbarkeit lernen kann
„Dankbarkeit kann mich mal“, sagte neulich eine Freundin zu mir. Und ich kann sie gut verstehen. Es gibt Momente und Phasen im Leben, da braucht man nichts weniger als einen Menschen, der einem sagt: „Schau doch mal, was du alles hast. Andere würden gern mit dir tauschen!“ Solche Kommentare lassen den Berg des Elends oftmals noch größer erscheinen. Sich mit anderen zu vergleichen macht ohnehin nicht glücklich, egal, in welche Richtung man schaut. Und wenn etwas richtig schmerzt, dann schmerzt es eben. Wenn man eine geliebte Person durch Tod oder Trennung verloren hat, dann wiegt auch die Tatsache, dass der Kühlschrank voll ist, man ein neues Paar Schuhe erworben hat oder die letzte Präsentation gar nicht so schlecht gelaufen ist, das Leid nicht auf.
Und trotzdem (jetzt kommt das große ABER) ist es keine verlorene Müh‘, Dankbarkeit zu üben, auch für die kleinen Dinge im Leben. Und ich weiß, wovon ich spreche. Denn momentan läuft vieles in meinem Leben alles andere als blendend und das Elend geht weit über mein derzeit gebrochenes Bein hinaus. Und ich sage euch, es ist kein Zufall, dass ich diesen Artikel genau jetzt schreibe. Denn genau jetzt ist es wichtig, zu erkennen, was gut läuft.
Wir haben über viele, viele Jahre trainiert, uns auf das zu fokussieren, was nicht funktioniert in unserem Leben. Dabei lassen wir außer Acht, dass das Leben nie perfekt sein wird, wir nie in allen relevanten Bereichen (Gesundheit, Job, Selbstverwirklichung, Familie, Liebe…) all das haben werden, was wir glauben zu brauchen. Und nicht nur, dass wir unrealistische Erwartungen an das Glück haben – wir glauben auch, dass wir nur glücklich sein können, wenn unsere Bedürfnisse und Wünsche in genau der Form erfüllt werden, wie wir es uns ausgemalt haben. Dabei ist es oft ein großes Glück nicht zu bekommen, was man will. Wie oft zeigt sich im Nachhinein, dass sich die Dinge doch positiv gefügt haben, es manchmal eben doch gut war, nicht diese oder jene Beziehung weitergeführt, das Haus gekauft oder die lang ersehnte Reise angetreten zu haben.
Und weil Studien zeigen, dass die Fähigkeit, Dankbarkeit zu empfinden, uns glücklicher macht, möchte ich euch einen treuen Begleiter vorstellen: Mein Glücksglas. Immer, wenn ich etwas Schönes, Besonderes, Überraschendes erlebe, schreibe ich es auf einen kleinen Zettel und stecke diesen in ein Glas. Manchmal sind es nur Zitate, Musiktipps oder Kleinigkeiten wie „Regenbogen gesehen“, die in dem Glas landen. Doch auch – oder gerade – durch das Wahrnehmen und Aufschreiben dieser „Kleinigkeiten“ lerne ich, meinen Fokus auf das zu richten, was gut läuft im Leben. Und wenn ich einen schlechten Tag habe, schaue ich mir ein paar Zettelchen nochmal an und freue mich über all die kleinen Glücksmomente. Und weil ich im Moment vor allem aufgrund meines gebrochenen Beins Zeit habe, diesen Artikel zu schreiben, kommt auch das in mein Glas: „Bein gebrochen. Mehr Zeit zum Schreiben.“ So einfach geht Glück.